Arzneicocktail gegen Herzinfarkt

Britische Wissenschaftler haben die Idee für eine "Superpille" entwickelt, die das Herzinfarkt- oder Schlaganfall- Risiko um rund 80 Prozent verringern soll. Der Vorschlag wurde von führenden Herzmedizinern jedoch heftig kritisiert.

Professor Nicholas Wald und seine Kollegen vom Institut für Präventivmedizin an der Universität London schlagen im "British Medical Journal" vor, die sechs bereits vorhandene Arzneien Aspirin, Cholesterin- und Blutdrucksenkern sowie Folsäure in der auch "Polypille" genannten Medizin zu kombinieren. Die Kombination sei kostengünstig und habe wenig Nebenwirkungen. Nach britischen Medienberichten solle die Pille unter 1,50 Euro pro Stück kosten.

Pille für alle über 55-Jährige?

Walds Idee ist, dass alle Menschen ab einem Alter von 55 Jahren das Medikament täglich nehmen, egal ob sie Symptome von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigen oder nicht. Nach Angaben der Forscher würde ein Drittel dieser Menschen davon profitieren. Ein Patent sei beantragt. Jetzt müssten Studien zur Umsetzung des Plans und zu den Nebenwirkungen folgen.

Derselbe Effekt wie derjenige der "Polypille" könne auch auf natürlichem Wege erreicht werden, sagte Wald den Berichten zufolge. Etwa durch mehr Gemüse und Obst in Verbindung mit regelmäßigen Sport und dem Verzicht auf Zigaretten. "Aber die Lebens- und Ernährungsweise in unsere Gesellschaft zu ändern, ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit."

Mediziner warnen vor Nebenwirkungen

Das Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung, Prof. Helmut Gohlke vom Herz-Zentrum in Bad Krozingen, verwies auf die Nebenwirkungen der einzelnen Inhaltstoffe wie Blutungen im Magen-Darm-Bereich oder im Gehirn, allergische Reaktionen oder eine zu starke Blutdrucksenkung. "Wie sich die Kombination auswirkt, ist zudem ungewiss."

Franz Xaver Kleber, Direktor der Klinik für Innere Medizin des Unfallkrankenhauses Berlin-Marzahn, sagte: "Es wäre falsch anzunehmen, dass eine Kombination von Medikamenten das Erkrankungsrisiko kumulativ reduziert." Auch er wandte sich gegen eine Gießkannenmedizin. "Wir haben begrenzte finanzielle Ressourcen und müssen schauen, Medikamente an die am meisten Bedürftigen auszugeben. " Die Volksgesundheit steige nicht durch das Verteilen von Pillen.

Finasterid auch gegen Prostata-Krebs

Der Vorschlag der britischen Mediziner ist
nicht die einzige aktuelle Idee für eine Vorbeuge-Pille: US-Forscher testeten den Wirkstoff Finasterid zur Prävention von Prostatakrebs bei Männern ab 55 Jahren. Ergebnis: Die Arznei kann das Risiko für Prostatakrebs um 25 Prozent senken. Die Studie des Forschernetzwerkes Southwest Oncology Group mit 19.000 Probanden wurde vom nationalen Krebsforschungsinstitut (NCI) der USA gefördert. Allerdings bekam eine geringe Anzahl der Männer, die Finasterid nahmen, einen relativ gefährlichen Prostatakrebs. Die Substanz wird bislang gegen Prostatavergrößerung eingesetzt und steckt in Propecia, der ersten Pille gegen die Glatze.

Quelle: www.n-tv.de u.a. Auigust 2003

 

 

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