Studienleiter warnt vor Gefahr auf Kurzstrecken-Flügen

Wie aktuelle Studienergebnisse zeigen, setzen sich Flugreisende bereits bei einer kurzen Flugdauer von 3 Stunden der Gefahr einer Reisethrombose aus. Bisher wurde angenommen, dass dieses Risiko lediglich auf Langstreckenflügen bestünde.

Unter einer Thrombose versteht man den Verschluss eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel (Thrombus). Löst sich der Thrombus, kann er sich im Herzen, in der Lunge oder im Gehirn festsetzen und eine lebensgefährliche Embolie oder einen Schlaganfall hervorrufen. Im Flugzeug erhöht sich die Gefahr der Blutgerinnung durch verringerten Luftdruck, mangelnde Bewegungsfreiheit und niedrige Luftfeuchtigkeit. Die Venen erweitern sich, der Blutfluss wird verlangsamt und der Körper verliert Flüssigkeit, wodurch das Blut dickflüssiger wird.

In einer internationalen Studie werden insgesamt 900 Passagiere auf Flügen zwi-schen England und Italien untersucht. Jeweils vor und nach dem Flug wird per Ultraschall diagnostiziert, ob bei den Fluggästen Blutgerinnsel vorliegen. Die teilnehmenden Passagiere sind zwischen 25 und 65 Jahren alt.

Bereits nach dem Venen-Check bei 500 Fluggästen von Mai bis September 2003 sind die Zwischenergebnisse alarmierend: Bei 210 Fluggästen, die aus medizinischen Gründen ein hohes Thromboserisiko hatten, wurden bereits nach der kurzen Flugzeit in 9 Fällen Thromben festgestellt. Dies entspricht einem Anteil von 4,3% in der Risikogruppe. Zwei Passagiere, die an der Studie teilnahmen, erlitten sogar eine Lungenembolie – möglicherweise in Zusammenhang mit den Flügen.

Die unabhängige Studie wird von einem Kreis führender Experten auf dem Gebiet der Reisethrombose durchgeführt. Studienleiter ist Professor Gianni Belcaro von der italienischen Universität G. d’Annunzio in Chieti-Pescara.

Professor Belcaro: „Die Resultate zeigen, dass Passagiere gefährdet sind, sogar auf kurzen Flügen Blutgerinnsel zu bekommen. In der Tat deutet unsere For-schung darauf hin, dass sich die meisten Blutgerinnsel in den ersten zwei bis drei Stunden einer Reise bilden und mit der Zeit größer und gefährlicher werden.“

„Das Problem kann sich verschlechtern, wenn Reisende nach dem Flug direkt in das Auto oder den Bus umsteigen, oder wenn sie stundenlang auf Flughäfen war-ten.“

„Ich empfehle bei jeder Art von Reise, die eingeengtes Sitzen mit sich bringt, einige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Venengymnastik während der Reise, eine ausreichende Wasserzufuhr und das Tragen von speziellen Reisestrümpfen för-dern die Blutzirkulation und verringern die Wahrscheinlichkeit einer Gerinnsel-Bildung.“

„Es ist ungewöhnlich, Zwischenergebnisse zu veröffentlichen. Da sie für Reisende auf Kurzstrecken von solch grundlegender Bedeutung sind, haben wir uns ent-schieden, sie der Öffentlichkeit bereits zugänglich zu machen. Im Rahmen eines Internet-Journals sind die Informationen für Flugreisende schneller verfügbar und sie können ihnen dabei helfen, noch vor dem Flug Vorsichtsmaßnahmen zu tref-fen.“

Die Studie wird weiter fortgeführt. Die Zwischenergebnisse sind bereits in einem Web-Journal nachzulesen, das zum Europäischen Venen-Forum verlinkt ist: unter www.venousforum-europe.org. Hier werden nach Auswertung aller Daten auch die vollständigen Ergebnisse veröffentlicht.

Prof. Belcaro, zur Person:

Professor Gianni Belcaro ist Professor der Angiologie an der italienischen Universität G. d’Annunzio in Chieti-Pescara und Direktor des Irvine2 Labors für Gefäße (Abteilung der biomedizinischen Fakultät).

Er ist Mitglied der Italienischen Gesellschaft für Herzgefäß-Chirurgie, der Interna-tionalen Akademie der Angiologie und der Royal Society of Medicine in London. Darüber hinaus ist Prof. Belcaro Präsident der Italienischen Gesellschaft für Gefäßuntersuchungen und Autor von mehr als 400 wissenschaftlichen Artikeln und Veröffentlichungen von Studien.

November 2003

 

 

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