Die Einnahme von Beruhigungsmitteln führt bei Demenzkranken häufig zu Infektionen, Schlaganfällen oder Infarkten. Wissenschaftler empfehlen aufgrund neuer Erkenntnisse andere Therapien.

Nach Erkenntnissen der Gmünder Ersatzkasse (GEK) werden Demenzkranke zu häufig mit starken Beruhigungsmitteln behandelt. Trotz eines erhöhten Todesrisikos hätten im vergangenen Jahr rund 30 Prozent der Demenzpatienten in der GEK solche Neuroleptika-Verordnungen erhalten, heißt es im GEK-Arzneimittelreport 2009, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Wissenschaftler kritisierten, dass Fortschritte in der Demenzforschung zu selten bei den Patienten ankämen.

Die Ersatzkasse beklagte, dass es nach der Einnahme der Beruhigungsmittel bei Demenzkranken häufig zu Infektionen wie Lungenentzündungen, zu Schlaganfällen oder Herzinfarkten komme. Anstatt diese Patienten mit Neuroleptika oder Antidepressiva zu behandeln, sei es sinnvoller, andere Therapien anzuwenden.

Derzeit gibt es der GEK zufolge unter den 70- bis 74-Jährigen 2,1 Prozent Demenzkranke. Bei den über 90-Jährigen sind es 32,3 Prozent. In der älter werdenden Gesellschaft sei es wichtig, bei diesen Patienten die Zahl der Verordnungen von Beruhigungsmitteln drastisch zu reduzieren, sagte Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen. Das Zentrum hat für den GEK-Arzneimittelreport 2009 rund 10,9 Millionen Arzneimittel-Rezepte aus dem Jahr 2008 ausgewertet.

Ausgaben für Medikamente stark gestiegen

Insgesamt zeigte sich, dass die Ausgaben für Medikamente im vergangenen Jahr um neun Prozent pro Versicherten gegenüber dem Vorjahr anstiegen, insgesamt von 421 auf 487 Millionen Euro. Ursache seien vor allem überproportionale Steigerungen bei Spezialpräparaten für Krankheiten wie Multipler Sklerose und rheumatoider Arthritis.

Nach Ansicht des Wittener Wissenschaftlers Detlef Rüsing werden die «gewaltigen Fortschritte» in der Demenz-Forschung derzeit nicht am Krankenbett umgesetzt. Sie könnten aber die Pflege von Demenzkranken verbessern und erleichtern, erklärte der Leiter des Dialog- und Transferzentrums Demenz (DZD) an der Universität Witten/Herdecke am Dienstag. Das Zentrum will in den nächsten drei Jahren die aktuellen Ergebnisse medizinischer und pflegewissenschaftlicher Demenz-Forschung für Pflegende und Angehörige aufbereiten.

Gestaltung des Wohnraums

Beispielsweise hätten sich die Erkenntnisse über die Gestaltung des Wohnraumes Demenzerkrankter deutlich verbessert, so Rüsing. Die Ergebnisse können über die Internetseiten des DZD kostenlos abgerufen werden. Das Dialog- und Transferzentrum Demenz ist eine gemeinsame Einrichtung des nordrhein-westfälischen Sozialministeriums und der Pflegekassen. (epd)

Quelle: GEK, epd, Netzeitung u.a.


 
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