Novartis-Stiftung: Stipendium für Erforschung von Intersexualität

Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 1.000 Kinder mit Fehlentwicklungen an den Geschlechtsteilen geboren. In vielen Fällen werden die anatomischen Auffälligkeiten operativ behandelt. Einem Teil der Fehlbildungen jedoch liegen hormonelle und genetische Ursachen zugrunde. Ein Forschungsprojekt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Medizinischen Universität zu Lübeck soll nun zur Aufklärung dieser Ursachen beitragen. Die Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung unterstützt dieses Vorhaben. Am 12. Juli 2002 hat sie ein Graduiertenstipendium an Dr. med. Paul-Martin Holterhus, Lübeck, vergeben.

Normalerweise wird das Geschlecht eines Menschen zum Zeitpunkt der Befruchtung festgelegt. Im Verlauf der ersten Schwangerschaftswochen entwickeln sich die männlichen oder weiblichen Gonaden (Keimdrüsen). Nach dem ersten Schwangerschaftsdrittel haben sich unter dem Einfluss von Hormonen bereits die äußeren Geschlechtsteile herausgebildet. Störungen während dieser Zeit der Embryonalentwicklung können auftreten, wenn zum Beispiel das männliche Sexualhormon Testosteron nicht gebildet werden kann oder wenn es trotz normalen Vorhandenseins nicht wirken kann. Nicht oder nur unzureichend wirkendes Testosteron, auch als „Androgenresistenz“ bezeichnet, kann dann zu einer unvollständigen, mischbildartigen Entwicklung der äußeren Geschlechtsteile und bei der Geburt schließlich zu einem „intersexuellen Genitale“ führen. Die genaue Rolle von verschiedenen Sexualhormonen und von genetischen Veränderungen der Zielstrukturen, an denen diese Hormone wirken, sind bislang nur unzureichend erforscht. Holterhus will in seinen Arbeiten nun durch ein mehrdimensionales Modell Licht ins Dunkel der komplexen Zusammenhänge bringen. Dazu untersuchen er und sein Forscherteam an verschiedenen Modellen mit Hamster-Ovar-Zellen und mit menschlichen Genitalhaut-Bindegewebs-Zellen in Kultur die Einflüsse unterschiedlicher Hormonkonzentrationen und –kombinationen über verschiedene (mutierte) Hormonrezeptoren auf die Zielgene. Diese Forschungsarbeiten sollen grundsätzlich zum besseren Verständnis des Zusammenspiels von Hormonen und Zielgenen beitragen und könnten in Zukunft möglicherweise therapeutische Perspektiven eröffnen.

Die Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung stellt jedes Jahr deutschlandweit bis zu 93.000 Euro für Graduierten-Stipendien zur Verfügung. Die Besonderheit dieser Art von Forschungsförderung liegt in der völligen Unabhängigkeit der Vergabe der Fördermittel. So werden die Einrichtungen von Forschung und Lehre der Universitäten dazu aufgefordert, aus dem Kreise ihrer Nachwuchswissenschaftler selbst die vielversprechendsten Projekte zur Förderung auszuwählen.

Ausführlicher ausgearbeitete Beiträge sowie Hintergrundmaterial (Interview mit Dr. Holterhus) können bestellt werden bei:

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