Multiple Sklerose: Neurologen fordern frühzeitige und konsequente Behandlung

Patienten, bei denen Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert wurde, sind gut beraten, sich möglichst rasch einer wirksamen Behandlung zu unterziehen. Dies ist eines der wichtigsten Resultate des Kongresses der European Neurological Society (ENS) Ende Juni 2002 in Berlin. Prof. Dr. Hans-Peter Hartung, Düsseldorf, hob hervor, dass es einen klaren Zusammenhang gibt zwischen der Zerstörung von Hirn- und Nervensubstanz bereits in einem frühen Krankheitsstadium und der langfristigen Entwicklung einer Behinderung.

Neueste Forschungsergebnisse hätten das Verständnis der Multiplen Sklerose gewandelt und zeigten, dass ein unwiederbringlicher Verlust von neuronaler Substanz weitaus früher eintritt, als man bisher gedacht hatte. In der Vergangenheit herrschte bei Auftreten erster Symptome einer Multiplen Sklerose eher eine abwartende Haltung vor. Mittlerweile aber hat sich herausgestellt, dass die klinisch bemerkbaren Schübe nur die Spitze des Eisberges darstellen. Hartung betonte, dass pro einem klinischen Schub mit etwa fünf bis zehn subklinischen Schüben zu rechnen sei, die vom Patienten nicht bemerkt werden, dennoch aber in der Magnetresonanztomographie (MRT) einen deutlich sichtbaren Substanzverlust anzeigen. „Deshalb ist es entscheidend, dass den MS-Patienten Medikamente zur Immunmodulation frühzeitig gegeben werden, um die Krankheitsaktivität so schnell wie möglich zu unterdrücken“, sagte der Neurologe.

Prof. Dr. Mark S. Freedman, Ottawa, Kanada, räumte ein, dass es derzeit noch keine MS-Behandlung gebe, mit der die Erkrankung geheilt werden könne. Aber: „Wir können Schübe reduzieren und die Krankheitsprogression hinauszögern.“ Als hochwirksame und am besten dokumentierte Therapie habe sich Interferon beta herauskristallisiert. So stellte sich in der PRISMS-Studie heraus, dass eine dreimal wöchentliche hochdosierte Gabe von Interferon beta während einer vierjährigen Behandlungsdauer eine drohende Behinderung um durchschnittlich 18 Monate hinauszuzögern vermag. In der EVIDENCE-Studie habe sich zudem im direkten Vergleich erwiesen, dass die dreimal wöchentliche hochdosierte Gabe von Interferon beta subkutan einer nur einmal wöchentlichen Gabe intramuskulär deutlich überlegen ist.

Quelle: ENS, medline u.a. August 2003

Weder die Schulmedizin noch die Naturheilkunde hat bisher eine Therapie gefunden, die die Krankheit heilt, die Symptome, beziehungsweise ihre Verschlimmerung können lediglich herausgezögert werden. Deshalb macht es für Patienten wenig Sinn für längere Zeit in einer Pflegeeinrichtung untergebracht zu werden. In den meisten Fällen ist es viel besser, wenn sie sich weiterhin in ihrem gewohnten Umfeld aufhalten können.

Die Symptome der Krankheit sind sehr vielfältig, weshalb MS auch „Die Krankheit mit den vielen Gesichtern“ genannt wird. Je nachdem welche Symptome aufgetreten sind, ist der Patient unterschiedlich selbstständig. Ist die Mobilität eingeschränkt, muss das Zuhause möglichst barrierefrei eingerichtet werden. Ein Treppenlift kann beispielsweise helfen, dass der Patient sich zuhause selbstständig bewegen kann. Sehstörungen treten häufig bei MS auf und sind oftmals eines der ersten Symptome. Patienten sind auf die Hilfe ihrer Familie und Freunden angewiesen. In den meisten Fällen erlangt der Patient sein normales Sehvermögen nach einiger Zeit wieder. Wie bei den meisten chronischen Erkrankungen ist die Unterstützung des Umfeldes ausgesprochen wichtig. Sie hilft dem Patienten bei einem möglichst normalen Alltag und dabei seine Lebensfreunde und sein Selbstvertrauen beizubehalten.

 

 

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