Bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts ging man in der Wissenschaft noch davon aus, dass Carnitin ein Vitamin ist, heute weiß man, dass es ein so genannter Biocarrier für den Transport der Fettsäuren durch die Mitochondrienmembran ist und einer der wichtigsten dazu. Es dauerte allerdings fast einhundert Jahre von der Entdeckung der Substanz bis zu den heutigen Erkenntnissen.
Nach der Entdeckung des Carnitins zu Beginn des vorigen Jahrhunderts veröffentlichten die russischen Wissenschaftler Gulewitsch und Krimberg 1905 die Ergebnisse ihrer Forschung an Tieren. Sie hatten eine spezielle Wirksubstanz in tierischen Muskelpräparaten entdeckt. Weil sie im Fleisch ( lateinisch caro ) vorkommt, wurde sie Carnitin genannt.
Es sollte aber noch mehr als zwanzig Jahre dauern, ehe die chemische Strukturformel beschrieben werden konnte. Veröffentlicht wurde sie 1927 von Tomita und Sendju.

1930 begann der deutsche Biochemiker Professor Strack in seinem Labor in Leipzig mit der Herstellung kleinerer Carnitinmengen. Er stellte auch vergleichende Versuche mit ähnlich aufgebauten Substanzen wie etwa Cholin an.
Trotz intensiver Forschungen vergingen wiederum rund 20 Jahre, bis der Nachweis gelang, dass für ein Lebewesen, den Mehlwurm (tenebrio molitor), das Carnitin essentiell ist. Um diese Substanz, die wie normaler Zucker aussieht, in eine Kategorie einordnen zu können, bezeichnete man sie von da an als ein B-Vitamin.

Im Jahr 1955 konnte dann durch Friedmann und Fraenkel nachgewiesen werden, dass Carnitin kein Vitamin ist. Leider steht diese falsche Zuordnung auch heute noch in einigen Nachschlagewerken, so z.B. in der PC-Version des Fachwörterbuchs Medizin Deutsch-Englisch von Langenscheid.
In den folgenden Jahren gelang dann die richtige Zuordnung als Biocarrier. Hierzu trug 1958 die Entdeckung des deutschen Wissenschaftlers Fritz bei. Er fand heraus, dass Carnitin in der Lage ist die Fettverbrennung in den Mitochondrien von Zellen zu steigern.

Ab Mitte der 60er Jahre bis in die 70er Jahre hinein wurden mit Hilfe von Carnitin die Abläufe bei der Beta-Oxydation der Fettsäuren in Herz- und Skelettmuskel aufgeklärt.

1973 wurde dann erstmals eine Mangelerkrankung am Menschen nachgewiesen, die Kinder betrifft. Diese mit dem Fachbegriff progrediente Myopathie bezeichnete Carnitinmangelerkrankung ist international unter der Bezeichnung carnitine deficiency disease bekannt geworden. In den Folgejahren gelang dann auch die Auftrennung des Carnitins in die D- und L-Form. Somit wurde der Weg für eine industrielle Produktion frei, die sich hauptsächlich auf das biologisch wesentlich wirksamere L-Carnitin konzentrierte.
Bis zur Mitte der 80er Jahre konnte das L-Carnitin nur chemisch hergestellt werden. Dann entwickelte das in der Schweiz beheimatete Unternehmen LONZA ein spezielles biotechnologisches Verfahren, dessen Verfahrensweise so naturnah wie nur möglich ist. In diesem Verfahren gelang erstmals die Herstellung reinen L-Carnitins, ohne dass dabei das unerwünschte D-Carnitin mit entsteht.

Seit mehr als zwanzig Jahren wird die Carnitinforschung immer weiter intensiviert und die Wirkung dieser Substanz auf zahlreiche Erkrankungen erforscht. Die Ergebnisse haben selbst die kritischen Fachleute positiv beeindruckt.

 

 

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