Ärzte-Bestechungsskandal - die Versicherten zahlen alles!
Rund 500 Mediziner aus dem gesamten Bundesgebiet sind nach Justizangaben in
einen neu bekannt gewordenen Ärzte-Bestechungsskandal verwickelt. Wie die
Staatsanwaltschaft Darmstadt mitteilte, ließen sich die Ärzte von
einem auf Hilfsmittel für Gefäßchirurgie spezialisierten Unternehmen
aus Südhessen unter anderem teuere Reisen, Übernachtungen in Luxushotels
und Golfnachmittage bezahlen. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt
in zwei schon länger andauernden ähnlichen Verfahren.
Die Ermittlungen liefen bereits seit zwei Jahren, bestätigte ein Sprecher
der Staatsanwaltschaft. Es sei üblich gewesen, dass Ärzte nach Kongressen
noch ein paar Tage Urlaub auf Firmenkosten drangehängt hätten. In
einem Fall habe das Unternehmen auf Wunsch eines Arztes eine ganze Suite im
Waldorf Astoria in New York gebucht. Auch direkte Geldsummen bis zu 20.000 Euro
seien geflossen.
Im Gegenzug sei von den Ärzten erwartet worden, dass sie sich in ihren
Kliniken für den Kauf der Produkte des südhessischen Herstellers einsetzten.
Da einige der Taten bereits verjährt seien, werde derzeit gegen 350 Mediziner
ermittelt. In diesen Fällen liege der Tatzeitraum zwischen 1997 und 2002.
Betroffen seien angestellte Ärzte in kirchlichen und kommunalen Krankenhäusern
sowie Unikliniken aus dem gesamten Bundesgebiet, sagte Neuber. Die Staatsanwaltschaft
ermittelt darüber hinaus gegen mehrere Verantwortliche der Firma wegen
des Verdachts der Bestechung. Ins Rollen gekommen seien die Ermittlungen durch
die Angaben eines Firmenmitarbeiters.
Auch bei der Staatsanwaltschaft München laufen derzeit zwei ähnliche
Ermittlungsverfahren gegen Pharmaunternehmen. So werde seit 2003 gegen rund
20 deutsche Mitarbeiter des internationalen tätigen Pharmakonzern Fujisawa
und mehr als 70 Mediziner ermittelt, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft,
Anton Winkler. Das Unternehmen wird verdächtigt, Ärzte unter anderem
durch Bezahlung von wissenschaftlich wertlosen Studien Schmiergelder bezahlt
zu haben. Ebenso sollen sich auch hier Kongressveranstaltungen als Vergnügungsreisen
herausgestellt haben.
Das Unternehmen soll damit den Absatz eines Medikamentes zur Unterdrückung
von Abstoßreaktionen nach Nieren- und Lebertransplantationen gefördert
haben. Der Korruptionsverdacht richtet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft
gegen Ärzte von Transplantationszentren in München, Stuttgart, Bonn,
Hannover, Hamburg, Münster und Berlin.
Die Organisation zur Korruptionsbekämpfung, Transparency International,
kritisierte das Fehlen ausreichender Verhaltenscodexe für Ärzte und
Industrie. "Das, was da jetzt hoch gekommen ist, haben wir jetzt jedes
Jahr mindestens einmal mit unterschiedlichen Herstellern", sagte die stellvertretende
Vorsitzende Anke Martiny. "Immer geht es um Kongresse, Provisionen für
Verschreibungen, zu hoch bezahlte Gutachten, das hat sich bisher nicht geändert",
betonte die frühere Berliner Kultus-Senatorin. "Geschädigt sind
letztendlich über die Krankenkassen die Versicherten, die das am Ende mitbezahlen
müssen. " Dies sei mit ein Grund, warum die Medikamente in Deutschland
viel teurer seien als in anderen Ländern.
Quelle: N-TV online u.a. Oktober 2004 |
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