Die
heilenden Wirkungen der Mistel werden in der Naturheilkunde bereits seit
mehr als 2000 Jahren gelobt und es ist nicht weiter verwunderlich, daß
auch der Druide Miraculix aus den Asterix-Comics der Neuzeit stets Misteln
für seinen unbesiegbar machenden Zaubertrank benötigt.
Dank wissenschaftlicher
Untersuchungen an der Lukas-Klinik in Arlesheim, konnten die klinische
Bedeutung der stimulierenden Wirkung der biologisch aktiven Wirkstoffe
der Mistel auf das Immunsystem nachgewiesen werden. Vor allem bei Gelenkerkrankungen
wie Arthrose und Rheuma, aber auch bei einigen Krebserkrankungen hat die
Mistel bewiesen, was in ihr steckt.
Standardtherapie
und Misteltherapie: Was ist bewiesen?
Prof. Dr. Josef Beuth, Institut zur wissenschaftlichen Evaluation naturheilkundlicher
Verfahren an der Universität zu Köln und Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Onkologie
Die Anwendungsrationale wissenschaftlich-begründeter komplementärmedizinischer
Maßnahmen in der Onkologie basiert im wesentlichen auf der Erkenntnis,
daß tumordestruktive Maßnahmen (Operation, Chemo-, Strahlentherapie)
die Krebsmortalität der letzten 20 Jahre in den USA nicht senken
konnten. Trotz kostenintensiver Forschungs- und Therapieanstrengungen
stieg die alterskorrigierte Krebssterblichkeit um ca. 6%. Hervorragende
therapeutische Erfolge wurden allerdings bei definierten Tumorentitäten
(u.a. Leukämie, Lymphome, Hodentumore) erzielt. Auch diverse Metaanalysen
relativierten den Optimismus hinsichtlich des Therapiezieles "Lebenszeitverlängerung"
bei fortgeschrittenen Karzinomen (z.B. durch Chemotherapie) und forderten
zum Nachdenken über neue Therapiekonzepte auf.
Komplementärmedizinische Therapiemaßnahmen werden von der wissenschaftlichbegründeten
Onkologie kontrovers diskutiert, weil der obligate naturwissenschaflichklinsche
Wirksamkeitsnachweis für die meisten Therapeutika bislang nicht erfolgt
ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Onkologie e.V. (DGO), eine wissenschaftliche
Fachgesellschaft, die wirksamkeitsgeprüfte komplementäre Therapieoptionen
in ihr Behandlungskonzept integriert, hat in den vergangenen Jahren die
Grundlagenforschung und studienmäßige klinische Evaluation
von definierten komplementäronkologischen Therapiekonzepten forciert
mit dem Ziel, sie in die wissenschaftlich-begründete Onkologie zu
integrieren.
Definitionsgemäß können komplementärmedizinische
Maßnahmen die erprobten tumordestruktiven Standardtherapien (Operation,
Chemo-, Strahlentherapie) nicht ersetzen und können demnach keinesfalls
als "alternative Therapien" betrachtet werden. Ausdrücklich
zu warnen ist vor nicht wissenschaftlich evaluierten Außenseiter
Heilungsmethoden, die zuweilen fälschlicherweise mit der Komplementärmedizin
assoziiert werden.
Komplementäronkologische Therapiekonzepten, die zusätzlich zur
tumordestruktiven Standardtherapie vorgeschlagen werden, erheben den Anspruch,
dieselbe optimieren zu können. Biometrisch abgesicherte Daten aus
wissenschaftlich adäquaten klinischen Studien belegen die Relevanz
von definierten komplementären Therapiemaßnahmen, erkennbar
am Patientenbenefit (verlängerte Überlebenszeit bzw. rezidiv/metastasenfreie
Zeit, verbesserte Lebensqualität). Gesundheitsökonomisch relevante
Kostensenkungen durch komplementäronkologische Maßnahmen für
kooperierende Krankenkassen führten schließlich zu definierten
Therapieempfehlungen.
Für alle empfohlenen komplementären Medikationen (Behandlungsintensität
und -dauer variieren in Abhängigkeit von Tumorentität, -stadium
bzw. individuellen Risiko-/Prognosefaktoren) liegen biometrisch abgesicherte
Daten aus Studien vor (u.a. prospektivrandomisierte, z.T. placebokontrollierte
klinische Studien; Kohortenanalysen mit matched-pairs Vergleichen). Die
empfohlenen komplementärmedizinischen Therapiemaßnahmen sollen
die leider weitverbreitete Polypragmasie beschränken und das therapeutische
Spektrum optimieren.
Therapie mit Mistelextrakten - ein Paradebeispiel
Als Beispiel für eine weitverbreitete angewandte, wissenschaftlich
evaluierte komplementärmedizinische Maßnahme soll an dieser
Stelle die Immuntherapie durch standardisierten Mistelextrakt kurz skizziert
werden. Nach Einführung von Mistelextrakten in die anthroposophische
Tumortherapie durch Rudolf Steiner und deren kontroverse Diskussion durch
die konventionelle Onkologie war die Evaluation der immunaktiven Wirkung
einer definierten Inhaltskomponente (Mistellektin-1) durch T. Hajto und
H.-J. Gabius der Anstoß für die naturwissenschaftliche Erforschung
und klinische Akzeptanz (lektin)standardisierter Mistelextrakte.
Vielversprechende immunologische Daten ermutigten zur Konzeption mehrerer
prospektiv randomisierter Studien mit standardisiertem Mistelextrakt bei
Patienten mit operablen Glioblastomen, Mammakarzinomen, Kolonkarzinomen,
metastasierten Kopf-Hals-Plattenpithelkarzinomen. Als Studienziele wurden
unter anderem fixiert: Einfluß auf Überlebenszeit , Tumorprogress,
rezidiv- und metastasenfreies Intervall, Immunantwort, Lebensqualität.
Die GCP-konformen Studien befinden sich derzeit in der "follow up"
Phase.
Daher sind definitive, statistisch abgesicherte Aussagen zu den klinischen
Parametern bislang nicht möglich. Demnach kann momentan für
die Therapie mit (lektin)standardisiertem Mistelextrakt konstatiert werden:
1. Es liegen vielversprechende experimentelle Daten zur Wirkung vor.
2. Daten aus nicht GCP-konformen prospektiv randomisierten klinischen
Studien deuten auf einen positiven therapeutischen Effekt hin, unter anderem
bezüglich Immunzellrestauration, -aktivierung, -protektion unter
tumordestruktiven Maßnahmen, Lebensqualität. Die derzeit laufenden
GCP-konformen Multicenterstudien zur komplementären Therapie mit
(lektin)standardisiertem Mistelextrakt werden den Stellenwert dieser Therapieform
klären, wenngleich an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen sein
sollte, daß in allen Studien Patienten mit fortgeschrittenen Karzinomen
therapiert werden, die nicht durch konventionelle tumordestruktive Maßnahmen
zu beeinflussen sind.
Damit relativiert sich die Erwartungshaltung an diese komplementärmedizinische
Maßnahme und rückt den Parameter der Lebensqualität in
den Vordergrund.
Die zuweilen in Abrede gestellte Wissenschaftlichkeit der Komplementärmedizin
beruht meist jedoch auf einer nicht zutreffenden Gleichstellung mit Außenmethoden.
Da jedoch die relevanten komplementäronkologischen Therapiemaßnahmen
derzeit 1. in GCP-konformen Studien auf ihre Wirksamkeit geprüft
werden und 2. zur Qualitätssicherung in Leitlinien der Fachgesellschaften
verankert werden, ist dem Patientenschutz in besonderer Weise Rechnung
getragen. Ein Verzicht auf Ausgrenzung nicht wirksamer Therapieoptionen
konterkariert nicht nur alle versuche zur Kostenbegrenzung im Gesundheitswesen,
sondern insbesondere auch den ethischen Grundkonsens auf optimale Patientenversorgung.
Dies betrifft jedoch nicht ausschließlich die Komplementärmedizin,
sondern die wissenschaftlich-begründete Medizin schlechthin.
Vortrag von Prof. Josef Beuth im Rahmen der Iscador Zeitzeichen-Tour 2000,
WELEDA AG.
01.11.2000
WELEDA AG, Schwäbisch Gmünd |
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